Leiwes auf Kaffeesafari in Kenia

Wer wissen möchte, wie es aussieht in Kenia, da, wo unser schöner Kenia-Kaffee angebaut wird, der sollte sich ruhig noch einmal „Jenseits von Afrika“ anschauen. In den grünen Bergen am Fuße des Mount Kenyas hatte einst schon Karen Blixen ihre Farm in Afrika.

Und so wie im Film fanden wir die Landschaft tatsächlich vor, nachdem wir die trubelige Millionenstadt Nairobi hinter uns gelassen hatten und im 150 km entfernten Nyeri ankamen:

liebliche Hügellandschaften, sattgrün bewachsen; rotbraune vulkanische Erde, fruchtbar für jegliches Gewächs; nach kurzen Schauern immer wieder ein blauer Himmel. Und überall blüht gerade eine Pflanze, bunt und üppig. Ein schöner Kontrast zum deutschen Winterwetter!

Aber wir waren nicht wegen der faszinierenden Natur nach Ostafrika gekommen, sondern um die Bedingungen des Kaffeeanbaus kennen zu lernen. Eingeladen hatte uns Muthoni Schneidewind, die Gründerin des Vereins Kedovo. Die junge Frau, geboren als Tochter eines Kaffeebauern in Nyeri, steckt enorme Energie darein, die Lebensbedingungen der Farmer in ihrer Heimat zu verbessern: indem sie mit den Kleinbauern am Ertrag und der Qualität der Bohnen arbeitet und mit dem Erlös die Lebensumstände der Familien verbessert.

Auf deutscher Seite hält Nicole Boedtger aus Bremen den Kontakt zu den Röstern, die die direkt importierten Bohnen verarbeiten. Wie die Frauen das schaffen, haben wir in einer Woche aus der Nähe erlebt.

Eine Fotosafari sollte die Reise nicht werden, stattdessen hatte Muthoni sinnliche Eindrücke für uns vorgesehen. Einen Vormittag waren wir zu Gast auf der Farm von Lawrence, einem 71jährigen Witwer, der die 150 vom Vater geerbten Bäume auf seiner Farm bewirtschaftet. Er ist einer von rund 1000 Farmern, die seit der Gründung vor drei Jahren zum Kedovo-Projekt gehören. In zwei Steinhäusern lebt er mit Tochter und Enkel und ein paar Nutztieren.

Seine Situation ist typisch für die Kleinbauern in der Region: In den siebziger Jahren gehörten Bohnen aus Kenia zu den Premium-Kaffees der Welt. Die ersten Bäume brachten im 19. Jahrhundert die Missionaren aus Äthiopien hierher. Die fruchtbaren Hochebenen über 1500 Metern gehören zu den ertragreichsten Anbaugebieten Afrikas.

Nach den Kämpfen um die Unabhängigkeit von Großbritannien 1963 und durch den Handel mit Kaffeekontingenten ging der Ertrag jedoch stetig zurück. Die Kleinbauern, die die Hälfte der Ernte in Kenia produzieren, haben selbst keinen Einblick in die Vermarktung ihres Produktes. An den Mühlen werden ihre Bohnen beurteilt und ihre Entlohnung wird festgelegt, Zwischenhändler kaufen die Ernte auf. Das schwächste Glied in dieser Kette sind die Bauern: Sie verdienen einfach zu wenig mit Kaffee und bauen stattdessen lieber Gemüse, Mais und Bohnen, an.

Deshalb geht Muthoni Schneidewind den Weg über die Direktvermarktung. Ohne Zwischenhandel und Börsen kann sie ihren Bauern einen fairen Preis für ihre Bohnen geben, der 20 Prozent über den Weltmarktpreis liegt.

Damit soll auch die Landflucht der nächsten Generation aufgehalten werden. Die Jungen, die per Smartphone Bilder aus der ganzen Welt empfangen, sehen ihre Zukunft nicht auf den Plantagen ihrer Vorfahren, und suchen ihr Glück in den Metropolen des Landes, oft leider erfolglos.

Auch Lawrence würde es gern sehen, wenn sein Enkel einmal seine Plantage weiter führt. Der 15jährige, inzwischen mit der Schule fertig, hilft seinem Großvater jeden Tag. Die Kaffeekirschen, die wir gemeinsam in zwei Stunden gepflückt und ausgelesen haben, bringt der Junge per Rad zum Wiegen und Weiterarbeiten an die Mühle. „18 Kilos, you did a good job!“ Er überlegt, Agrarwissenschaften zu studieren. Oder er macht erst einmal ein Praktikum in Italien, als Koch, träumt der Teenager.

Sein Großvater sieht sorgenvoll auf seine Bäume. Die Äste sind ziemlich kahl, nur vereinzelt reifen Kirschen daran. Das Problem: Viele Bäume in dieser Region haben sichtbar unter Trockenheit gelitten, denn der im Oktober erwartete Regen kam verspätet erst Ende Dezember.

Der Ertrag der Bauern könnte wesentlich besser ausfallen, wenn sie über mehr Fachkenntnisse verfügen würden. Ein Grundstück mit 100 Bäumen wirft derzeit 200 Kilo Kirschen pro Saison ab, unter optimalen Bedingungen könnten es 4.000 Kilo sein. Deshalb gehören Schulungen zum Programm des Kedovo-Vereins. Dabei erfahren die Bauern auch - zum Beispiel vom Besuch aus Deutschland -, wie ihre Kirschen weiter zu Röstkaffee verarbeitet werden.

Und wie ihr kenianischer Kaffee eigentlich schmeckt: Denn die meisten Bauern trinken keinen Kaffee, insbesondere nicht die besseren Qualitäten, die dem Export vorbehalten sind. Ihre Zungen müssen erst beim Cupping trainieren, die feinen landestypischen Nuancen von Zitrus und Orange zu schmecken!

Aber auch der Umgang mit Düngung will gelernt sein. Stolz zeigt uns Lawrence die prächtigsten Bäume seiner kleinen Plantage, mit glänzend grünen Blättern und gleichmäßig roten Kirschen. Das Geheimnis: An ihren Stamm hat Lawrence den Dung von seiner Kuh getragen! Von den Gästen aus Deutschland erhält er einen Sack hochwertigen Kunstdünger, damit er bald stolz alle seine Bäume präsentieren kann! „Next year“, so seine optimistische Prognose.

Eine ständige Bedrohung für die Pflanzen ist der Kaffeerost, ein Pilz, der sich durch die Luft verbreitet, die Blätter absterben lässt und den Baum stark schädigt. Dagegen spritzen die Bauern Fungizide, was das Herz deutscher Bio-Anhänger natürlich nicht erfreut. Deswegen hatte Muthoni Schneidewind ihren Vater überredet, probeweise seine Bäume nicht zu spritzen – leider mit dem Ergebnis, dass die 30jährigen Pflanzen jetzt ohne Blätter – und ohne Kirschen dastehen. Ein trauriger Anblick...

Der Verein ist trotz Rückschlägen weiter auf der Suche nach Produktionsbedingungen, die den Kaffeeanbau in der Region ertragreicher machen. Eine Plantage wurde von uns „Urwaldfarm“ getauft, weil dort Kaffeebäume unter schattenspendenden Bananensträuchern wachsen, dazwischen stehen Makadamia- und Tomatenbäume. Diese Pflanzengemeinschaft hat gegenüber der Monokultur den Vorteil, dass sie durch Schatten weniger Wasser verbraucht und dem Bauern verschiedene Einkommensquellen eröffnet. Und ein toller Anblick war das grüne Durcheinander allemal!

Andere Farmer experimentieren mit neuen Züchtungen, die resistenter gegen Kaffeerost sein sollen. Sie pfropfen auf ihre alten Bäume Stecklinge der Kultursorte Ruiri 11 auf, die allerdings den landestypischen Geschmack des Kenia-Kaffees verändert. Und doch hoffen die Bauern damit auf eine sicherere Existenzgrundlage.

Trotz aller Schwierigkeiten konnte Kedovo im vergangenen Jahr 30 000 Kilo Rohkaffee über die Hafenstadt Mombasa nach Deutschland verschiffen. Dieser Umsatz spült Geld nicht zuletzt in die Vereinskasse von Kedovo, um soziale Projekte zu finanzieren: Zwölf Familien wurden Solarzellen auf das Hausdach montiert, um mithilfe von je drei Lampen abends Licht in die stromlosen Hütten zu bringen. 25 Farmer erhielten als Anerkennung ihrer besonderen Bemühungen Dünger.

An der Grundschule im Ort wurden die Dächer, Fußböden, Wände und die Schulküche grundlegend saniert. Im neuen Jahr erhält die Schule, in der zur Zeit 170 Schüler von 10 Lehrern unterrichtet werden, ein Verwaltungsgebäude.

Zu dem Erfolg hat auch unsere Reisegruppe beigetragen, die mit ganzem Körpereinsatz täglich im Einsatz war: Kirschen pflücken, Kirschen waschen, Bohnen schrubben, Bohnen zum Trocknen ausbreiten, in der Sonne wenden, in Säcke stopfen und Säcke schleppen! Die versprochenen sinnlichen Eindrücke eben...

Da haben wir uns einen Tag ohne Kaffeethemen wirklich verdient und waren ganz normale Touristen, die natürlich auf Safari gehen! Nach eineinhalb Stunden Fahrzeit erreichen wir die flache Steppe. Unser Bulli klappt das Dach hoch und mutiert zum Safarimobil, in dem wir auf Pirschfahrt durch den Nationalpark gehen. Vom Dachstand aus durchforsten wir die Büsche mit den Augen und tatsächlich entdecken wir viele Savannentiere: Elefanten trotten ihrer Wege, Gazellen und Antilopen springen über das Gras, Wasserbüffel und Zebras drehen gelassen die Köpfe nach unserem Auto. Und der erste Storch ist aus Deutschland für seine Winterferien in Kenia angekommen.

Und unser Fazit nach sieben Tagen Kenia?
„Muthoni Schneidewind macht das Richtige:
Besserer Kaffee verbessert das Leben der Kaffeebauern und ihrer Familien!“

Geschrieben von Heike Leiwes.

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